Die Bürde der Wahrheit – Die Realität für nepalesische Domestic Workers in Zypern
Yeshi und Lekshey teilen ein Schicksal, das sie mit tausenden anderen nepalesischen Frauen verbindet: das Leben als Domestic Worker im Ausland. Was auf den ersten Blick wie ein Aufbruch zu besseren Chancen aussieht, erweist sich schnell als Schritt in eine Welt voller Einschränkungen und Abhängigkeiten.
Yeshi erzählt mit ernster Stimme von ihrem Arbeitsalltag, und auch Lekshey, ihre frühere Mitschülerin aus dem Kloster, berichtet von den Hürden, die sie überwinden musste, um überhaupt hierherzukommen. Beide zahlten für die Vermittlung ihrer Stellen 3000 Euro an eine nepalesische Agentur – eine Summe, die für viele Familien ein Vermögen bedeutet. Die Zahlung dieser Gebühr allein stürzt die Familien oft in Schulden, die sie über Jahre hinweg belasten. „Und bei der Einreise,“ berichtet Yeshi, „mussten wir behaupten, wir hätten nur 69 Euro bezahlt.“ Eine Rechnung über diesen Betrag, der kaum die Kosten für die Beantragung ihrer temporären Aufenthaltskarte deckt, erhielten sie „für alle Fälle“ von der Agentur.
Diese 69 Euro sind ein Hohn angesichts der Realität, der sich Frauen wie Yeshi und Lekshey stellen müssen. Mit dieser Taktik werden sie gezwungen, an der Fassade mitzuwirken – einer Fassade, die suggeriert, sie hätten nichts als ein einfaches Ticket in ein neues Leben gekauft. Die Wahrheit? Sie steht mit einem Kredit in ihrer Heimat, einer Abhängigkeit, die sie zur Rolle als Dienstbotin verpflichtet. Die temporäre Identity Card, die sie zur Arbeit in Zypern berechtigt, bindet sie an ihre Arbeitgeberfamilie. Verlässt sie diese, verliert sie auch ihren Aufenthaltstitel und ist gezwungen, das Land zu verlassen oder sich rasch eine neue Anstellung zu sichern. Ein Szenario, das die Frauen in ein System zwingt, in dem das Wort „Freiheit“ praktisch nicht existiert.
„In Nepal wollte ich helfen,“ sagt Lekshey leise. Sie hatte Träume von einer Arbeit, die ihrer Familie ein besseres Leben ermöglichen könnte. Doch in Zypern stellt sie fest, dass ihr Traum unter den Bedingungen der zypriotischen Aufenthaltspolitik zur Last wird. Zypern gehört nicht zum Schengen-Raum – jede Reise in ein anderes europäisches Land erfordert für sie ein separates Visum. Ihre Bewegungsfreiheit endet dort, wo der Arbeitsvertrag und die Launen des Arbeitgebers beginnen. Und will sie das Land verlassen oder die Stelle wechseln, steht sie erneut vor einer langen Reihe bürokratischer Hürden.
Dennoch, Yeshi hat sich ihre Hoffnung bewahrt. Ein Hoffnungsschimmer für sie bleibt die „Hello Kids Academy“, ein Montessori-Kindergarten in Nepal, der sie trotz fehlender offizieller Schulzeugnisse aufnahm. Sie erinnert sich an die Zeit dort, an die Kinder, mit denen sie auf Anhieb ein besonderes Band knüpfte. Ihre Hingabe und ihr Talent im Umgang mit den Kleinen wurden schnell bemerkt, und so erhielt sie ein höheres Gehalt als die meisten anderen Erzieherinnen. Doch die Freude währte nur kurz: Das Gehalt reichte nicht, um ihre Familie zu unterstützen. Sie musste fort.
Heute tragen Yeshi und Lekshey die Bürde einer Wahrheit, die sie jederzeit einholen kann. Sie wissen, dass der Betrug, der sie an diesen Ort brachte, ihre Lebensgrundlage jederzeit infrage stellen kann. Die Scheinquittung über die angeblichen 69 Euro mag auf dem Papier existieren, doch der Preis, den sie wirklich zahlen, geht weit darüber hinaus – ein Preis in Form von Schulden, persönlichem Verlust und einem Leben, das durch ein fragiles Papier, die temporäre Identity Card, bestimmt wird.
Und so bleibt es ein erschütterndes System, in dem skrupellose Vermittler in Nepal die Not dieser Frauen zur eigenen Bereicherung nutzen. Die moralische Schuld, die sich hinter den Anweisungen verbirgt, die Frauen zu zwingen, den Preis zu verschleiern, den sie gezahlt haben, zeigt das ganze Ausmaß der Ausbeutung. Yeshi und Lekshey sind für ihre Agenturen bloß Zahlen – reduziert auf eine Quittung über 69 Euro –, während die echten Kosten in Schulden und verpassten Lebensperspektiven weitergehen. Es ist ein System, das Frauen wie Yeshi und Lekshey in Abhängigkeit hält und ihren Traum von Freiheit und Selbstbestimmung zum entfernten Flimmern macht.
Trotz aller Herausforderungen bleibt für Yeshi und Lekshey eines klar: Sie würden diese Arbeit nicht tun, wenn es nicht für die Kinder wäre. Es sind die Augenblicke mit den Kindern, die ihre Tage erhellen, die Momente, in denen sie lachen, Geschichten erzählen oder einfach nur beim Spielen zuschauen. Die Kinder geben ihnen das Gefühl, gebraucht zu werden, und bringen eine Freude in den Alltag, die der harte Arbeitsrhythmus ihnen oft verwehrt. Was als acht Stunden im Vertrag festgeschrieben ist, weitet sich meist zu einem Tag, der früh beginnt und erst spät endet. Doch wenn sie die Kinder begleiten und umsorgen, verblassen die Stunden – dann zählt nur noch die Beziehung, die sich zwischen ihnen aufbaut.
The Burden of Truth – The Reality for Nepalese Domestic Workers in Cyprus
Yeshi and Lekshey share a fate that connects them with thousands of other Nepalese women: life as domestic workers abroad. What at first glance looks like a departure for better opportunities quickly turns out to be a step into a world full of restrictions and dependencies.
Yeshi talks about her everyday working life in a serious voice, and Lekshey, her former classmate from the convent, also talks about the hurdles she had to overcome to get here in the first place. Both paid 3,000 euros to a Nepalese agency for the placement of their jobs – a sum that represents a fortune for many families. The payment of this fee alone often plunges families into debt, which burdens them for years. ‘And when we entered the country,’ reports Yeshi, ’we had to claim that we had only paid 69 euros.’ They received an invoice for this amount, which barely covered the cost of applying for their temporary residence card, from the agency ‘just in case’.
These 69 euros are a mockery in view of the reality that women like Yeshi and Lekshey have to face. With this tactic, they are forced to participate in the facade – a facade that suggests they have bought nothing but a simple ticket to a new life. The truth? She has a loan in her home country, a dependency that obliges her to act as a servant. The temporary identity card that authorises her to work in Cyprus binds her to her employer’s family. If she leaves them, she also loses her residence permit and is forced to leave the country or quickly secure a new job. A scenario that forces women into a system in which the word ‘freedom’ practically does not exist.
‘I wanted to help in Nepal,’ says Lekshey quietly. She had dreams of a job that could give her family a better life. But in Cyprus, she realises that her dream is becoming a burden under the conditions of the Cypriot residency policy. Cyprus is not part of the Schengen area – every journey to another European country requires a separate visa for her. Her freedom of movement ends where her employment contract and the whims of her employer begin. And if she wants to leave the country or change jobs, she once again faces a long series of bureaucratic hurdles.
Nevertheless, Yeshi has retained her hope. A glimmer of hope for her remains the ‘Hello Kids Academy’, a Montessori kindergarten in Nepal, which accepted her despite her lack of official school certificates. She remembers her time there, the children with whom she formed a special bond straight away. Her dedication and talent in dealing with the little ones were quickly recognised, and she was paid a higher salary than most other nursery teachers. But the joy was short-lived: the salary was not enough to support her family. She had to leave.
Today, Yeshi and Lekshey bear the burden of a truth that could catch up with them at any time. They know that the fraud that brought them to this place could jeopardise their livelihood at any time. The bogus receipt for the alleged 69 euros may exist on paper, but the price they really pay goes far beyond that – a price in the form of debt, personal loss and a life determined by a fragile piece of paper, the temporary identity card.
And so it remains a harrowing system in which unscrupulous brokers in Nepal exploit the plight of these women for their own gain. The moral guilt behind the instructions to force the women to conceal the price they have paid shows the full extent of the exploitation. Yeshi and Lekshey are mere numbers to their agencies – reduced to a receipt for 69 euros – while the real cost continues in debt and lost life prospects. It is a system that keeps women like Yeshi and Lekshey dependent and makes their dream of freedom and self-determination a distant flicker.
Despite all the challenges, one thing remains clear to Yeshi and Lekshey: they wouldn’t be doing this work if it wasn’t for the children. It is the moments with the children that brighten their days, the moments when they laugh, tell stories or simply watch them play. The children give them the feeling of being needed and bring a joy to their everyday lives that the hard rhythm of work often denies them. What is stipulated as eight hours in the contract usually turns into a day that starts early and ends late. But when they accompany and care for the children, the hours fade away – then only the relationship that builds up between them counts.