Bayreuth

Nein, Richard Wagner und ich werden wohl auch in Zukunft keine Freunde werden. Das war mir bewusst, daher wollte ich Bayreuth aus einer neuen Perspektive erkunden – als ein Bürger des 18. Jahrhunderts, als die rebellische Markgräfin Wilhelmine für kulturellen Aufschwung sorgte.

Im Markgräflichen Opernhaus

Zuerst besuchten wir das Markgräfliche Opernhaus, das auf Anweisung der Markgräfin Wilhelmine im Jahr 1748 erbaut wurde. Es zählt zu den ältesten und am besten erhaltenen barocken Opernhäusern mit einer weitgehend originalen Holzkonstruktion. Dieses herausragende Beispiel für die Theaterarchitektur des 18. Jahrhunderts wurde 2012 von den Vereinten Nationen zum Weltkulturerbe erklärt.

Anschließend besuchte ich die benachbarte Synagoge und stand vor verschlossenen, schmucklosen Sicherheitstüren. Es beschämte mich, dass eine Glaubensgemeinschaft in unserem Land sich heute noch so stark abschotten muss. Die Synagoge ist ein Zeugnis für die lange und oft schwierige Geschichte der jüdischen Gemeinschaft in Bayreuth, von ihrer Blüte im 18. Jahrhundert über die Zerstörung im Nationalsozialismus bis zur Wiederbelebung in der modernen Zeit.

Die Synagoge in Bayreuth

Danach ging es zum neuen Schloss mit seinem Hofgarten. Auch dieses Rokoko-Bauwerk entstand auf Anweisung der Markgräfin Wilhelmine zwischen 1753 und 1758, nachdem das alte Schloss durch einen Stadtbrand zerstört wurde. Wilhelmines Tod im Oktober 1758 und die Ehe ihres Gatten Markgraf Friedrich von Brandenburg-Bayreuth im folgenden Jahr mit Sophie Caroline Marie von Braunschweig-Wolfenbüttel, in der Hoffnung auf einen männlichen Thronfolger, sind Teil der Geschichte.

Im neuen Schloss in Bayreuth

Ein kurzer Spaziergang durch den Hofgarten führte uns zu Wagners Haus, Haus Wahnfried. Mich interessierte insbesondere die Bibliothek, doch als ich im ersten Stock auf Wagners Essay „Das Judenthum in der Musik“ stieß, verließ ich das Museum fluchtartig.

In der Bibliothek in Haus Wahnfried

Einen Steinwurf entfernt lag das Jean-Paul-Museum. An Jean Paul faszinierte mich besonders seine Wortgewandtheit und Satire. Als zentrale Figur der deutschen Literatur und bedeutender Vertreter der Aufklärung spiegeln seine Werke, geprägt von Humor, Ironie und tiefen philosophischen Überlegungen, die Werte und Ideale der aufgeklärten Gesellschaft wider. In Bayreuth fand er eine Heimat, die ihm Raum und Inspiration bot, um einige seiner bedeutendsten Werke zu schaffen. Sein literarisches Erbe und seine humanistischen Ideale bleiben bis heute lebendig.

Gartenlaube hinter dem Jean-Paul-Museum

Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth: Ein Blick in die Geschichte

Im 18. Jahrhundert zählte das Markgrafentum Bayreuth rund 200.000 Einwohner, die jedoch keine selbstbestimmten Bauern, sondern Untertanen in einem eher bescheidenen Land waren. Die rebellische und aufklärerisch gesinnte Tochter des preußischen Soldatenkönigs Friedrich wurde in dieses Land verheiratet, wobei vereinbart wurde, dass Bayreuth an Preußen fallen würde, sobald der Landesherr stirbt oder kein Thronfolger die Regierung übernimmt.

Im Jahr 1731 kam Wilhelmine von Preußen nach Bayreuth und bezog das alte Schloss. Sie vermisste die Kunst, Kultur und den Gedankenaustausch mit Aufklärern, die ihr in Preußen vertraut waren. Der Religion gegenüber war sie eher gleichgültig. Sie engagierte sich als Schriftstellerin und Komponistin, förderte die Wissenschaft und modernisierte die Eremitage am Rande von Bayreuth mit einem Lustschloss, Gärten und Wasserspielen, um über die Landesgrenzen hinaus Ansehen zu erlangen. In ihren Memoiren betonte sie ihr Ziel, die Menschen glücklich zu machen.

Der Bau des Markgräflichen Opernhauses begann 1744 nicht zur kulturellen Bereicherung des Volkes, sondern um einen festlichen Rahmen für Empfänge zu schaffen. Trotz leerer Staatskasse wurde das Opernhaus 1748 eingeweiht, was es vor möglichen Verschlimmbesserungen bewahrte. Ein Stadtbrand im Jahr 1753 zerstörte große Teile des alten Schlosses, was den Bau eines neuen Schlosses erforderlich machte und die finanzielle Lage weiter belastete.

Nach Wilhelmines Tod herrschte im Herrscherhaus Unruhe, was die Stabilität des Haushalts weiter gefährdete. Es folgten der Bau eines kleinen italienischen Schlösschens für die zweite Frau des Markgrafen und 1777 der Verkauf junger Bayreuther Männer an die Briten, die sie als Söldner im Amerikanischen Unabhängigkeitskampf einsetzten. Letztendlich zahlte das Volk die Zeche, und als nichts mehr half, wurde Bayreuth 1810 an Bayern verkauft, wo es bis heute verbleibt.

Die Geschichte von Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth zeigt, wie selbst die sozialsten Herrscher und Herrscherinnen ihrer Eitelkeit erliegen und ihr Volk in den Ruin zu treiben.

So endet unser Tag in Bayreuth. Morgen führt uns der Weg über die Alpen nach Peschiera del Garda.