Ein Abend am Durbar Square in Patan – Ein Spiel aus Licht und Schatten

Es ist früher Abend, und der Durbar Square von Patan entfaltet seine Magie in einem zarten, fast träumerischen Licht. Die alten Tempel und Paläste, die wie aus einer längst vergangenen Zeit in den Himmel ragen, werden von spärlichen Lampen nur sanft beleuchtet. Das warme Licht betont die feinen Konturen der filigranen Schnitzereien und Türme, die wie stille Zeugen über Jahrhunderte hinweg das Treiben auf dem Platz beobachten. Die Schatten, die sich über die Steinböden legen, erzählen Geschichten aus einer anderen Zeit – Geschichten von Königen, Pilgern und Händlern.

Patan, auch bekannt als Lalitpur, was übersetzt „Stadt der Schönheit“ bedeutet, ist eine der ältesten Städte im Kathmandu-Tal. Bereits im 3. Jahrhundert wurde sie als bedeutendes Zentrum für Kunst, Handwerk und Architektur erwähnt. Der Durbar Square, das kulturelle Herz der Stadt, wurde in der Zeit der Malla-Könige (14. bis 18. Jahrhundert) zu einem prächtigen Komplex aus Tempeln, Palästen und Innenhöfen ausgebaut. Diese Epoche brachte Patan den Ruf ein, das Zentrum der Newar-Kultur und der buddhistischen Kunst zu sein. Hier verband sich der Einfluss hinduistischer und buddhistischer Traditionen zu einer einzigartigen kulturellen Identität, die bis heute spürbar ist.

Menschen sitzen auf gemauerten Bänken entlang der historischen Bauwerke, eingebettet in die Ruhe des Platzes. Sie wirken wie Figuren in einem lebendigen Gemälde, dem Trubel der Stadt für einen Moment entkommen. Trotz der vielen Besucher herrscht eine fast meditative Stille, als würde die Aura dieses Ortes jedem, der verweilt, Respekt und Gelassenheit einflößen.

Händler ziehen mit Thermoskannen durch die Menge und bieten dampfenden Milchtee an, gewürzt mit einer Prise Kardamom. Ihr leises Rufen vermischt sich mit dem sanften Stimmengewirr der Spaziergänger. Wir kaufen zwei Becher Tee, der die kühle Abendluft vertreibt und angenehm wärmt. Es ist ein Geschmack, der sich tief in meine Erinnerung einbrennt – süß, würzig und beruhigend.

Ein Brautpaar zieht unsere Aufmerksamkeit auf sich. Begleitet von einem Team aus Fotografen und Videofilmern, posieren die beiden vor der majestätischen Kulisse der Tempel. Ihre traditionellen Gewänder leuchten im schwachen Licht wie wertvolle Seidenstoffe. Sie wirken fast wie Figuren aus einer anderen Welt, die nur für diesen Moment in der Zeit eingefroren wurden.

Während wir den Platz erkunden, fällt unser Blick auf den Krishna-Tempel, eines der architektonischen Meisterwerke des Durbar Square. Er wurde Ende des 17. Jahrhunderts unter König Siddhi Narasimha Malla erbaut und gilt als Paradebeispiel für die Verschmelzung hinduistischer und buddhistischer Baukunst. Seine dreistöckige Struktur aus reinem Stein ist einzigartig im ganzen Kathmandu-Tal. Legenden besagen, dass der König den Bau des Tempels als göttliche Eingebung erfuhr – Krishna soll ihm in einem Traum erschienen sein.

Nach einer Weile machen wir uns auf den Rückweg. Durch eine der Hauptstraßen des Viertels schlendern wir zur Bushaltestelle. Die Atmosphäre verändert sich: Marktstände und fliegende Händler beleben die Straße mit Farben und Düften. Obst und Gemüse türmen sich auf Holzkisten, und das Stimmengewirr der Verkäufer, die ihre Preise ausrufen, erfüllt die Luft. Wir staunen über die Preise – das Kilo Tomaten für kaum 15 Euro-Cent. Wir füllen unsere Einkaufstaschen mit frischen Waren.

Der Weg führt uns zurück ins Hier und Jetzt. Doch die Eindrücke dieses Platzes, seine sanfte Beleuchtung, die stillen Tempel und das Zusammenspiel von Mensch und Geschichte, bleiben. Sie begleiten uns wie eine Erinnerung, die uns daran erinnert, dass manche Orte auf der Welt mehr als nur Orte sind. Sie sind lebendige Zeitkapseln – Orte, die uns mit der Vergangenheit, dem Jetzt und dem, was noch kommt, verbinden.