Rügen
Für einen Bericht über eine Kurklinik fahre ich zwei Tage nach Breege auf der Insel Rügen – 370 km, mit dem Auto vier Stunden, mit dem Zug knapp sieben.
Zuerst geht es 280 km Richtung Osten, in Bad Segeberg auf die A20, vorbei an Lübeck, Wismar, Rostock. Zwischen Grimmen und Greifswald wechsle ich auf die B96 Richtung Norden. Bei Stralsund verbindet die Rügener Brücke Deutschlands größte Insel mit dem Festland, die Brücke misst 2,8 km.
Dahinter öffnet sich eine andere Welt, sanfter, weiter, wässriger als Schleswig-Holstein. Die Fahrt führt durch Misch- und Kiefernwälder, vorbei an weiten Feldern mit Sonnenblumen und Getreide. In den Wäldern entlang der Bundesstraße nisten Fledermäuse, zu deren Schutz nachts Tempo 50 gilt. Nagast, Bergen. Rechts der kleine, links der große Jasmunder Bodden, dazwischen eine natürliche Landbrücke mit Bundesstraße und Schienen. Schilfgras, ein Angler steht im flachen Wasser. Die perfekte Szene für Sonnenuntergangsbilder.
Sagard, altes Kopfsteinpflaster rüttelt den Wagen durch. Hier enden die Regionalzüge. Wer weiter nach Norden will, braucht Auto, Bus oder Fahrrad. Dort warten u.a. der Nationalpark Jasmund und die weißen Klippen von Kap Ankona. Mein Ziel ist Juliusruh bei Breege.
In der Kurklinik schwärmt die Ärztin vom sanften Licht, den dezenten Farbtönen und dem gesunden Reizklima der Ostsee, die beruhigend auf ihre Kurgäste wirken würden. Als jemand, der das helle Licht, die scharfen Kontraste, die leuchtenden Farben der Blüten des Südens liebt, hören sich die Worte der Ärztin befremdlich an. Aber sie wird schon wissen, weshalb immer mehr Menschen aus Süddeutschland in ihre Klinik kommen. Der Norden hat seine ganz eigenen Qualitäten.