Wanderung auf dem Smigies Nature Trail: Begegnungen und Gedanken
Es ist mein dritter Blogpost heute und der erste, der sich einer Wanderung widmet – so, wie ich es mir für meinen Aufenthalt auf Zypern eigentlich vorgenommen hatte. Während ich diese Zeilen schreibe, zuckt der Himmel in hellem Blitzlicht auf, es donnert und der Wind pfeift um das Hotel. Tagsüber hatte es nur leicht getröpfelt, doch jetzt tobt der Sturm. Ich denke zurück an meine Wanderung heute, die mich in das kleine Dorf Neo Chorio führte, oberhalb meines Hotels gelegen.
Nach dem Frühstück, mit Kamera und Jacke bewaffnet, machte ich mich auf den Weg. Der Ortskern von Neo Chorio ist sorgfältig saniert, mit engen Gassen, die von marmornen Bänken und alten Brunnen gesäumt sind. Auf einer Bank hinter der Kirche verweilte ich einen Moment, bevor ich zu meinem eigentlichen Ziel weiterging: dem Atelier der vier Maler. Heute traf ich auf Shaun, einen 76-jährigen Künstler, der seit 2003 hier lebt. Er erzählte mir von seinem Leben, das ihn aus Irland und Großbritannien hierhergeführt hat. Er und seine Frau wurden von den Dorfbewohnern herzlich aufgenommen, „nicht ganz wie Einheimische, aber fast,“ wie er es ausdrückte. Früher arbeitete er mit geistig Behinderten – eine Aufgabe, die ihm heute noch viel bedeutet.
Wir kamen auf die Begegnung mit dem grauen Herrn am Pool zu sprechen, die mich zu einem meiner letzten Blogposts inspiriert hatte. Shaun nickte und zitierte einen indischen Spruch: „Man versteht einen Menschen erst, wenn man zwei Meilen in seinen Schuhen gelaufen ist.“ Ein weiser Gedanke, der mich noch lange beschäftigen sollte. Zum Abschied wollte Shaun mir nicht die Hand geben, seine Finger waren noch von frischer Farbe bedeckt.
Ich zog weiter durch die engen Gassen, vorbei an der kleinen und der großen Kirche, einem alten Mühlstein und schweren, verriegelten Toren. Jedes dieser Tore erzählt stumme Geschichten von Menschen, die einst hier lebten – Geschichten, die es zu erzählen wert wären, und solche, die besser im Verborgenen bleiben.
Leichtes Gepäck, Kamera in der Hand, setzte ich meinen Weg Richtung Westen fort. Anfangs verlief der Pfad auf befestigten Wegen, gesäumt von Eukalyptusbäumen, dann weiter über karge Felder mit Olivenbäumen und schließlich auf staubigen Pisten. Am Wegrand reihten sich Bienenstöcke, bis ich eine Eselsfarm passierte. Der Pfad war der „Smigies Nature Trail“, ein Wanderweg, der mich immer weiter in die stille Schönheit der zypriotischen Natur zog.
Der Schweiß rann mir bald von der Stirn, und ich zog meine Jacke aus. Ich hatte keine Vorbereitung getroffen, kein Wasser, kein Proviant – nur die Faszination der Umgebung, die mich vorantrieb. An der einsam gelegenen Agios Minas Kapelle hielt ich kurz inne. Der Ort schien wie aus der Zeit gefallen, ein Zufluchtsort für Wanderer und Off-Road-Fahrer gleichermaßen.
Nach einer Weile erreichte ich den Mountain View Point, von dem aus sich die gesamte Akamas-Halbinsel überblicken lässt. Der Blick war atemberaubend, aber da die Sonne bald unterging und hier oben keine Lichter den Weg erhellen würden, machte ich mich auf den Rückweg. Vielleicht komme ich morgen oder übermorgen wieder, parke mein Auto in der Nähe und genieße dann den Sonnenuntergang von dieser traumhaften Stelle.
Auf dem Rückweg begegneten mir drei Off-Road-Fahrzeuge. Die ersten beiden rauschten vorbei und ließen mich in einer Staubwolke stehen. Das dritte Fahrzeug hielt an – am Steuer und auf dem Beifahrersitz saßen Frauen. Sie warteten, bis ich passiert hatte, bevor sie langsam weiterfuhren. Dass die ersten beiden Fahrer Männer waren, muss ich wohl nicht extra erwähnen.
An der Agios Minas Kapelle stand ein einzelnes Fahrzeug. Eine Familie kam heraus, darunter eine gebeugte Frau im schwarzen Kleid. Es war ein Anblick voller Ehrfurcht – die Menschen kommen hierher, um zu beten, fernab der Zivilisation.
Mit Hunger und Durst erreichte ich um halb vier Neo Chorio. Gegenüber der Kirche kehrte ich in ein kleines Café ein. Ein Espresso, Wasser und eine Blätterteigtasche mit Spinat – genau das Richtige, um den Tag ausklingen zu lassen.
Hike on the Smigies Nature Trail: encounters and thoughts
This is my third blog post today and the first dedicated to a hike – just as I had planned for my stay in Cyprus. As I’m writing these lines, the sky is flashing with lightning, it’s thundering and the wind is whistling around the hotel. During the day there had only been a light drizzle, but now the storm is raging. I think back to my hike today, which took me to the small village of Neo Chorio, situated above my hotel.
After breakfast, armed with my camera and jacket, I set off. The centre of Neo Chorio has been carefully restored, with narrow streets lined with marble benches and old fountains. I lingered for a moment on a bench behind the church before continuing on to my actual destination: the studio of the four painters. Today I met Shaun, a 76-year-old artist who has lived here since 2003. He told me about his life, which brought him here from Ireland and the UK. He and his wife were warmly welcomed by the villagers, ‘not quite like locals, but almost,’ as he put it. He used to work with mentally disabled people – a job that still means a lot to him today.
We talked about the encounter with the grey gentleman by the pool, which had inspired one of my last blog posts. Shaun nodded and quoted an Indian saying: ‘You don’t understand a person until you’ve walked two miles in their shoes.’ A wise thought that would stay with me for a long time. Shaun didn’t want to shake my hand to say goodbye, his fingers were still covered in fresh paint.
I continued through the narrow alleyways, past the small and large churches, an old millstone and heavy, locked gates. Each of these gates tells silent stories of people who once lived here – stories that are worth telling and those that are better left hidden.
Light luggage and camera in hand, I continued on my way westwards. Initially, the path ran along paved tracks lined with eucalyptus trees, then continued across barren fields with olive trees and finally along dusty tracks. Beehives lined the roadside until I passed a donkey farm. The path was the ‘Smigies Nature Trail’, a hiking trail that drew me further and further into the tranquil beauty of Cypriot nature.
The sweat was soon pouring off my forehead and I took off my jacket. I had made no preparations, no water, no provisions – just the fascination of the surroundings that drove me on. I paused briefly at the secluded Agios Minas chapel. The place seemed to have fallen out of time, a haven for hikers and off-roaders alike.
After a while, I reached Mountain View Point, which overlooks the entire Akamas Peninsula. The view was breathtaking, but as the sun was about to set and there were no lights up here to light the way, I made my way back. Maybe I’ll come back tomorrow or the day after, park my car nearby and enjoy the sunset from this fantastic spot.
On the way back, I came across three off-road vehicles. The first two whizzed past and left me standing in a cloud of dust. The third vehicle stopped – there were women at the wheel and in the passenger seat. They waited until I had passed before slowly driving on. I don’t need to mention that the first two drivers were men.
A single vehicle was parked at the Agios Minas chapel. A family came out, including a bent woman in a black dress. It was a sight full of awe – people come here to pray, far away from civilisation.
Hungry and thirsty, I reached Neo Chorio at half past three. I stopped off at a small café opposite the church. An espresso, water and a spinach puff pastry – just the thing to round off the day.