Zwischen Hügeln und Kälte – ein erster Tag auf dem Weg nach Schweden
Ich liege müde in meiner Kajüte auf der Finnline, irgendwo zwischen Lübeck-Travemünde und Malmö. Der erste Tag meiner kleinen Schwedenreise klingt nach – und er klingt vielschichtiger, als ich beim Treten in die Pedale dachte.
111 Kilometer habe ich zurückgelegt. Zugegeben: mit Motorunterstützung. Aber immer brav im Eco-Modus, auf der niedrigsten Stufe. Ein Kompromiss zwischen dem Kick der Anstrengung und der Vorsicht, die mein Alter mir inzwischen lehrt. Früher habe ich mein Herz gerne überbeansprucht – fast trotzig –, weil ich dieses Hochgefühl, diesen Rausch nach der Anstrengung brauchte. Heute versuche ich, die Balance zu halten: Freude am Radeln, ohne mich selbst zu überfordern.
Der Zwischenstopp bei meiner ehemaligen Kollegin, in ihrem „Haus am See“, hatte etwas Märchenhaftes. Schönheit, die nicht nur im Blickfang liegt, sondern auch im Gespräch, das die Zeit vergessen ließ. Der Weg dorthin dagegen: weitgehend flach, grün in allen Schattierungen, aber eben auch gleichförmig. Erst hinter Kaltenkirchen begann das Land zu sprechen – die Hügel, die mich forderten und zugleich belebten. Ich habe gespürt, wie sehr ich diese Spannung brauche: den Aufstieg, der Kraft kostet, und die Abfahrt, die mich wie ein Kind jauchzen lässt. Das Gelände wurde zum Spiegel: Ohne Kontrast, ohne Steigung und Gefälle, fehlt mir etwas Wesentliches.
Am Skandinavienkai dann der nächste Kontrast: lange Warterei in der Kälte nach einem Tag voller Sonne. Gestern noch 32 Grad, heute Nacht 14 Grad – als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Auch das ein Stück Lebenserfahrung: wie schnell Stimmungen, Temperaturen, Umstände kippen können. Ich stand da mit anderen Radfahrern, schweigend verbunden durch die Kälte, das Warten, die Erwartung der Überfahrt.
Jetzt, in der Enge meiner Kajüte, merke ich, dass diese Reise nicht nur eine Bewegung durch Landschaften ist. Sie ist ein Dialog mit mir selbst. Zwischen Ebenen und Hügeln, Wärme und Kälte, Begegnung und Einsamkeit. Vielleicht ist genau das der Sinn des Unterwegsseins: dass es uns nicht nur an Orte führt, sondern uns auch auf eine Reise in unser eigenes Inneres schickt.
English version below
Between Hills and Cold – A First Day on the Way to Sweden
I am lying tired in my cabin on the Finnline ferry, somewhere between Lübeck-Travemünde and Malmö. The first day of my little journey to Sweden is echoing in me – and it resonates far more deeply than I expected while pedaling along.
I covered 111 kilometers today. Yes, with e-bike support. But always faithfully in Eco mode, the lowest setting. A compromise between the thrill of exertion and the caution that age has taught me. In the past, I often pushed my heart too hard – almost defiantly – because I craved that high, that rush after effort. Now I try to keep the balance: the joy of cycling without overwhelming myself.
The stopover with my former colleague, at her “house by the lake,” had something almost fairytale-like about it. Beauty not just in the view, but also in the conversation that made time slip away. The route there, however, was mostly flat – fields and forests in countless shades of green, but monotonous all the same. Only beyond Kaltenkirchen did the landscape begin to speak: hills that challenged me and, at the same time, invigorated me. I realized how much I need this contrast: the climb that demands strength, followed by the descent that lets me laugh like a child. The terrain became a mirror: without contrast, without ups and downs, something essential is missing for me.
At the Skandinavienkai came the next contrast: long hours of waiting in the cold after a day full of sunshine. Yesterday 32 degrees, tonight 14 degrees – as if someone had flipped a switch. Another reminder of life itself: how quickly moods, temperatures, and circumstances can change. I stood there with other cyclists, silently connected through the cold, the waiting, and the anticipation of boarding.
Now, in the narrow space of my cabin, I realize that this journey is not only about moving through landscapes. It is a dialogue with myself. Between plains and hills, warmth and cold, company and solitude. Perhaps that is precisely the point of being on the road: that it not only takes us to places, but also sends us on a journey into our own inner selves.