Auf nach Bayreuth
Gestern haben wir bereits unsere Koffer gepackt. Ursprünglich wollte ich mein gesamtes Kamera-Equipment mitnehmen: die Leica mit dem Weitwinkel und die Canon mit den beiden Tele-Zoom-Objektiven. Am Ende entschied ich mich wieder für die Leica. Mit einem Weitwinkelobjektiv sieht man die Welt, wie sie wirklich ist – eingebettet in ihr Umfeld, nicht isoliert. Will man Details erkennen, muss man näher herangehen. Genau das ist mein Ziel – Dinge in Ruhe betrachten, verstehen, fühlen. Auf meinen Reisen nach Indien, La Palma, Andalusien und Venedig hatte ich auch immer nur die Leica dabei. Diese Kamera zwingt mich, genauer hinzuschauen – das schätze ich an ihr.
Unser Auto hat über Nacht seine Akkus geladen. Um sieben Uhr standen wir auf: waschen, frühstücken, Kühlschrank ausräumen, die Vögel ein letztes Mal vor der Reise füttern und die mit Regentropfen benetzten Blumen im Garten bestaunen.
Um neun Uhr ging es los. Noch vor Hamburg bremsten uns mehrere Staus aus. Ich schätze den Fahrassistenten in unserem Auto sehr, denn so kann ich den Fuß von Gas und Bremse nehmen und das Lenkrad nur leicht berühren – für den Fall der Fälle. Man weiß ja nie. Insgesamt verloren wir eine Stunde in den verschiedensten Staus, bevor wir nach dreieinhalb Stunden die erste Rast einlegten, den Akku wieder aufluden und einen kleinen Snack zu uns nahmen.

Ich gestehe ungern, dass die Ladesäulen neben einem McDonald’s standen und mir der Veggie-Burger überraschend gut schmeckte. Vorher hatte ich fast alle Apfelvorräte verzehrt, die Dörte liebevoll in kleine Spalten geschnitten hatte. Ich liebe Äpfel.
Die Fahrt führte uns von Schleswig-Holstein, über Hamburg, Niedersachsen, Sachsen, Thüringen nach Bayern – größtenteils Autobahnen, streckenweise auch Landstraßen. Scheinbar werden im Moment alle Autobahnen grundsaniert – Baustellen über Baustellen und LKWs über LKWs.
Nach acht Stunden und 20 Minuten erreichten wir unser Gasthaus in Bayreuth. Mittwoch und Donnerstag sind Ruhetage, daher war es etwas schwierig, jemanden zu finden, der uns empfängt. Doch schließlich fanden wir jemanden und sind nun sehr zufrieden mit unserem Zimmer, das eine kleine Terrasse und die Geräusche einer Kreissäge nebenan bietet. Dafür strahlend weiß-blauer Himmel.

Der Abend führte uns durch Roggenfelder und duftende Wiesen mit Kamille zu einem nur anderthalb Kilometer entfernten italienischen Restaurant. Dort genossen wir guten Wein, eine Flasche San Pellegrino, Bruschetta, Thunfisch-Salat, Tortelloni mit Ricotta und Spinat sowie Oliven in Hülle und Fülle. Auf dem Rückweg tauchte der Sonnenuntergang die hügelige Landschaft in sanftes, rötliches Licht, während uns ein Reh und zwei weiße Katzen aufmerksam beobachteten.

So endet Tag Eins unserer Reise nach Italien.
Morgen steht Bayreuth auf dem Programm, und wir freuen uns darauf, die Stadt zu erkunden. Ich möchte die Verbindung zwischen Bayreuth und Wagner sowie zwischen Wagner und den Nationalsozialisten auflösen. Stattdessen möchte ich einen Blick auf das aufgeklärte, protestantische Bayreuth zur Zeit der Markgräfin Wilhelmine und des deutschen Romantikers und Satirikers Jean Paul werfen.