Wo Eisenerz-Frachter rosten

Prem ist Shrikants Bruder und heute mein Fahrer und Guide. Zuerst fahren wir nach Vasco, dem Hafen von Goa. Viel zu sehen gibt es nicht. Hinter einem Zaun sehe ich eine Kohlenhalde, daneben Stückgutfrachter und Kräne. Bis vor 10 Jahren war dies das Eisenerz-Terminal, nur dass Goa bis dahin Eisenerz exportierte. Der Abbau wurde aufgrund der gewaltigen Umweltschäden eingestellt – vorerst.

Wir fahren weiter und kommen zum Terminal der Kreuzfahrer. Seit Corona kann man die Schiffe an einer Hand abzählen. Morgen macht hier eines für ca. 6 Stunden fest. Wenige Tage später soll noch ein Kreuzfahrer kommen, weiß Prem zu berichten. Es gäbe nur wenige Gäste, die ihre Ausflüge mit Taxen unternehmen, die meisten nehmen einen der großen Busse.

Ein deutsches Ehepaar komme seit 30 Jahren nach Bogmalo Beach. 25 Jahre lang hatte er sie jedes Jahre gefahren. Seit Corona hat er sie nicht mehr gesehen. Sie müssen so um die 90 Jahre alt sein. Zuerst seien die deutschen Touristen nach Goa gekommen, meint Prem, danach erst die Engländer.

Moderner Zuckerrohr-Entsafter
Moderner Zuckerrohr-Entsafter

Wir halten an einem Park. Eine Kindergartengruppe sitzt im Gras. Wenige Besucher fertigen die üblichen Selfies an, mit Meer und Küste im Hintergrund. Beim Rückweg zum Auto reizt mich der Anblick der alten Zuckerrohr-Entsafter, die sehr viel manuelle Arbeit erfordern. Ein Zuckerrohr wird dabei mehrmals durch eine Quetsche gezogen, bis es keinen Saft mehr absondert. Der Stand gegenüber hat bereits einen modernen Zuckerrohr-Entsafter. Ich bestelle zwei Gläser. Ein Quetschdurchlauf genügt hier. Der Saft-Verkäufer gibt Zitrone und Ingwer hinzu. Ehrlich, so gut schmeckte mir der Zuckerrohrsaft noch nie.

Kirche gleich neben Fort Reis Magos
Kirche gleich neben Fort Reis Magos

Wir fahren zum Fort Reis Magos in der Ortschaft Bardez. 1493 wurde es als ein kleiner Außenposten des Militärs gegründet. Die Portugiesen bauten es nach ihrer Ankunft 1510 in ein stattliches Fort um. Während der Aufstände der Bevölkerung gegen die Portugiesen diente es auch als Gefängnis für Rebellen. Einige von ihnen wurden nach Portugal verschleppt, verrät mir am Eingang die Kassiererin. Ich darf das Fort heute nicht betreten, es wird ein Film gedreht.

Portugiesischer Friedhof
Portugiesischer Friedhof

Die Gefangennahme der Freiheitskämpfer geschah natürlich unter den Augen der Kirche, die gleich neben dem Fort auf einer Anhöhe gebaut ist. Sie ist den hl. drei Königen gewidmet. Auf dem Friedhof hinter der Kirche wurden und werden fast ausschließlich Menschen mit portugiesisch klingendem Namen beigesetzt.

Fort Aguada mit Leuchtturm und Wasserreservoir
Fort Aguada mit Leuchtturm und Wasserreservoir

Prem schlägt den Besuch von Fort Aguada vor. Es wurde Anfang des 17. Jahrhunderts erbaut. Ein mächtiger Leuchtturm steht inmitten der Mauern und versah bis 1976 seinen Dienst. Gleich neben ihm fasst ein Frischwasser-Reservoir 2.376.000 Gallonen – umgerechnet rund 10.801.510 Liter. Es diente der Versorgung der portugiesischen Schiffe. Das portugiesische „Aguada“ bedeutet „wässrig“ auf Deutsch.

Friedhof der Eisenerz-Frachter
Friedhof der Eisenerz-Frachter

Auf dem Rückweg fährt Prem auf eine kleine Brücke. Sie führt auf die Insel Sāo Jacinto. Von hier aus sieht man den Schiffs-Friedhof. Teilweise völlig durchgerostete Schiffskörper liegen hier seit Jahren. Einst brachten sie das Eisenerz von den ca. 60 km entfernten Lagerstätten zum Hafen Vasco. Boote am Ufer der Insel zeugen davon, dass auf der Insel noch Fischer leben müssen. Viel Leben ist hier nicht zu beobachten. Selbst die Kirche rottet vor sich hin, und das soll hier in Goa schon etwas heißen.

Sāo Jacinto Kirche auf der Insel Sāo Jacinto
Sāo Jacinto Kirche auf der Insel Sāo Jacinto

Die nächsten beiden Tage übernachte ich Ninads Eltern in Pune. Mittwochabend Abendessen mit der gesamten Familie. Donnerstagabend bin ich bei Shwetas Eltern eingeladen. In der Nacht zu Freitag fliege ich über Delhi nach Udaipur, wo ich Freitagmittag ankomme. Wahrscheinlich werde ich daher erst wieder am Freitag zum Schreiben kommen.