Delhi

In nur dreieinhalb Stunden bringt mich mein Fahrer Rajendra nach Neu Delhi. Die Agentur hat das India Gate und den Präsidentenpalast als Ziele festgelegt. Das India Gate, 1921 vom englischen Architekten Edwin Lutyens entworfen, trägt den Schriftzug „India“ über dem Torbogen. Eine Inschrift ehrt die Toten der indischen Armeen, die in verschiedenen Kriegen gefallen sind.

90.000 Namen gefallener Soldaten der britisch-indischen Armee
90.000 Namen gefallener Soldaten der britisch-indischen Armee

Laut Wikipedia sind 90.000 Namen von indischen und britischen Kriegstoten des Ersten Weltkriegs in das India Gate eingraviert, ebenso die Namen von 3.000 Soldaten, die an der Nordwestgrenze und 1919 im Krieg in Afghanistan starben. Auch die Toten im Bangladesch-Krieg 1971 ehrt das Denkmal.

Statue von Subhas Chandra Bose - ein Anführer der indischen Freiheitsbewegung
Statue von Subhas Chandra Bose – ein Anführer der indischen Freiheitsbewegung

Unsere Fahrt führt uns weiter zum Haus des Präsidenten. 1912 errichteten die Briten einen Palast für ihren Vizekönig. 340 Zimmer auf vier Stockwerken. Soldaten hindern mich am Betreten des Geländes vor dem „Rashtrapati Bhavan“, wie der Palast auf Hindi heißt. Ich kann nur aus der Ferne einen Blick darauf werfen.

Haus des Präsidenten - von weitem
Haus des Präsidenten – von weitem

Im Hotel reflektiere ich meine Reise. Ich erinnere mich daran, dass Indien erst seit 1947 vereint ist – also seit 75 Jahren. Vorher nutzten Briten und Portugiesen die Zersplitterung des indischen Subkontinents in 565 Fürstenstaaten und die Rivalität zwischen diesen Staaten und ihren Herrschern. 1857 rebellierten Inder in nur sieben Fürstentümern gegen die Briten. 21 Fürstentümer unterstützten sogar die Ost-Indien-Kompanie im Kampf gegen die Rebellen, darunter Udaipur und Jaipur. In Großbritannien vermutete man unmenschliche Praktiken der Ost-Indien-Kompanie als Ursache für den Aufstand, woraufhin diese aufgelöst und Indien eine Kronkolonie wurde.

1947 legten die Briten Mahatma Gandhi einen Vertrag mit den Bedingungen für die Entlassung Indiens in die Freiheit vor. Dazu gehörte die Gründung eines eigenen muslimischen Staates: Pakistan (einschließlich Bangladesch). Gandhi hatte keine große Wahl. Er unterschrieb, obwohl er sich immer für ein vereintes Indien einsetzte. Das werfen einige Inder Gandhi heute noch vor. In der Folge zogen Muslime nach Pakistan und Hindus aus dem neu gegründeten Pakistan nach Indien. 15 Millionen Menschen waren auf der Flucht – 15 Millionen Menschen, die bis dahin friedlich Tür an Tür mit Andersgläubigen lebten und von heute auf morgen Haus und Hof und Vieh verloren und zu Feinden wurden.

Indien ist ein wunderschönes, aber auch geplagtes und ausgebeutetes Land. Es ist ein Land der Kontraste und Extreme, der Wüste und des Dschungels, der Slums und der Villen. Ein Land, das gerne ausgelassen feiert. Mit Menschen, die morgens, mittags und abends die gleichen Curries und Saucen und Brote essen können. Die überhaupt gerne essen. Ich würde schon fast sagen, die für das Essen leben. Für die sauberes Wasser aber immer noch eine Seltenheit ist, weshalb Kinder häufig unter Durchfall leiden.

Ich liebe dieses Land, besonders die Dschungel, die Wüste und die Landbevölkerung. Und ich weiß, dass ich dort nicht hätte sein können, ohne die Menschen, deren Gast ich in den letzten 30 Tagen war.