Jaipur

Mit Sarengi-Klängen begrüßt mich vor dem Frühstücksraum ein Musiker. Im März und April gastiert er in Frankreich und freut sich über die Nähe zu meiner Heimat. Frankreich und Deutschland sind sich in Indien sehr nah.

Überraschend viele West-Europäer und Amerikaner haben im Shahpura Palace übernachtet. Ich gönne mir einen Cappuccino, Obst und Omelette. Die Kaffeemaschine ist das Highlight.

Vergeblich suche ich die Schuhputzmaschine, sie habe ich gestern noch irgendwo in diesem verwinkelten Hotelbau gesehen. Ich will mir den Sand aus der Wüste von den Schuhen putzen, bevor mir der Reiseführer die Sehenswürdigkeiten seiner Stadt vorstellt.

Gleich neben meinem Zimmer wohnt ein indisches Ehepaar mit zwei kleinen Kindern. Sie kommen aus Chicago, besuchen ihre Familien und verbinden dies mit einem touristischen Programm in Jaipur.

Hemraj wartet vor dem Hotel. Wir fahren durch die „Pink City“, wie ihre Einwohner Jaipur nennen. 1875 erhielten die Häuser einen einheitlichen Terrakotta-Anstrich, denn der Prince of Wales wollte die Stadt besuchen. Angeblich kannte die englische Sprache diese Farbe nicht, weshalb sie schlicht mit „pink“ bezeichnet wurde. Gleichzeitig wurden auf den Türstürzen die Geschäftsnamen einheitlich in schwarzer Schrift auf weißem Untergrund gemalt. Der König hatte offensichtlich alles im Griff. Jaipur wurde 1727 auf dem Reißbrett entworfen und seither gebaut. Einzig das Kabelgewirr vor und zwischen den Häusern erscheint planlos, genauso wie der Straßenverkehr. Aber darum konnte sich der König vor 300 Jahren nicht auch schon Gedanken machen. Schließlich zählte die Stadt seinerzeit nur rund 200.000 Einwohner und von Autos, Telefon, Strom und Internet war weit und breit nichts zu sehen.

Wir fahren am Ajmere Gate vorbei, einem der sieben Stadttore der einstigen Stadtmauer. Jaipur ist offensichtlich aus allen Nähten geplatzt, hat die Stadtmauer unter sich begraben und ist heute Heimat von über 4 Millionen Indern.

Amer Palace (rechts) und Teile vom Jaijarh Fort
Amer Palace (rechts) und Teile vom Jaijarh Fort

Ursprünglich wohnte der König von Jaipur im Amer Palace, 10 km nordöstlich des heutigen Jaipurs. Auf dem Weg dorthin steigt Warun ins Auto, mein heutiger Reiseführer.. Von weitem sehe ich das Fort Jaijarh und den Amer Palast auf einem 150 Meter hohen Bergrücken. Das Fort entstand im 15./16. Jahrhundert.

Am Man Sagar See legen wir einen Fotostopp ein. Ein Schild warnt vor zwei Krokodilen im See.

Schlangenbeschwörer
Schlangenbeschwörer

Zwei Schlangenbeschwörer und ihre Kobras verzaubern die Touristen. Einer bittet mich, es ihm gleichzutun und die Kobra zu streicheln. Ich habe zwar meine besten Jahre hinter mir, verzichte dennoch auf dieses Erlebnis. Aus dem See ragt der Jal Mahal Palast, er wurde 1799 gebaut und erst danach wurde Wasser in den Stausee gelassen. Einzig der König durfte diesen Ort betreten. Unterhalb des Amer Palastes bietet sich die Möglichkeit für einen Elefantenritt. Da ich immer wieder gehört habe, dass die Tiere unter dieser Arbeit leiden, verzichte ich.

Aufgang zum Amer Palace
Aufgang zum Amer Palace

Klänge von Trommeln und Glocken einer Gebetszeremonie empfangen uns beim Betreten des Innenhofes. Was ich hier zu sehen bekomme, ähnelt weitestgehend dem, was ich von Jodhpur und Udaipur kenne. Prunk und Pomp, Spiegel und Edelsteine, Verriegelte Gemächer für die Frauen und viele Annehmlichkeiten für den Herrn des Hauses. Warun deutet auf die Ornamente der Marmorsäulen mit hinduistischen und islamischen Symbolen.

Prunk und Pomp im Amer Palace
Prunk und Pomp im Amer Palace

Ich will mir ein Bild von den Lebensumständen der Menschen machen, die diese Paläste und Burgen bauten. Die Bauarbeiter waren überwiegend Sklaven, die im Zuge von Kriegen mit Nachbarvölkern ins Land gebracht wurden. Daher die afghanischen und persischen Einflüsse. So erklärt es mir Warun.

Palast der Winde – Rückseite / Straßenseite

Nicht viel anders sieht es im Palast der Winde, dem Stadtpalast von Jaipur aus, den wir anschließend besuchen. Die Fassade des Palastes ist definitiv attraktiver als die Ansichten vom Innenhof. Heute ist er der Sitz des 24-jährigen Königs, der zum Zeitpunkt meines Besuchs Urlaub im Ausland macht. Sein Mercedes parkt im Eingang.

Im Stadtpalast (Palast der Winde)
Im Stadtpalast (Palast der Winde)

Mich nerven die Menschen, die den Prunk für Selfies nutzen. Ein leicht bekleidetes Mädchen räkelt sich ungeniert in einer blauen Halle und lässt sich von zwei jungen Männern fotografieren. Die Kunstwerke verkommen zum Dekor, das Mädchen zum Objekt. Ich will nur noch raus hier.

Meine eindeutige Bitte, mich nicht in Kunsthandwerkgeschäfte zu führen, ignoriert Warun. Ich bin inzwischen sauer auf diese Praxis einzelner Reiseführer. Darüber will ich aber in einem anderen Beitrag ausführlicher schreiben.

Ich überspringe also den Kurzaufenthalt in der Edelsteinschleiferei, Kunstmalerei, im Teppichgeschäft und was es sonst noch alles gibt.

Richtig interessant wird es wieder im Observatorium, gleich neben dem Palast der Winde. Den will ich morgen noch einmal in Ruhe besuchen und danach darüber schreiben.