Samsara Desert Camp

Wir verlassen Jodhpur in Richtung Westen. Die hervorragend ausgebaute Straße führt vorbei an Steinbrüchen und wird mit Erreichen der Sandwüste immer geradliniger. Die Rinder auf den Straßen werden zahlreicher, auch die Kamele. Das Aravalli-Gebirge liegt hinter uns, vor uns über 270.000 km² Wüste (die indische Wüste Thar und die pakistanische Cholistan zusammengerechnet).

Nach zwei Stunden Fahrt und 120 km erreichen wir das Samsara Resort. Am Empfang erwartet man uns ungeduldig. Ich solle mich schnell registrieren. Danach beginne die Safari und ein Fahrer würde mich in das 8 km entfernte Desert Camp bringen. Ich solle mich noch einen Augenblick setzen. Im selben Moment betreten zwei Damen die Empfangshalle – Engländerinnen. Die beiden begrüßen mich in perfektem Oxford-English. Sie müssen auf mich gewartet haben.

Koffer und Rucksack solle ich stehen lassen und mich einfach in den Jeep setzen, der vor dem Eingang wartet. Die beiden Damen haben es sich bereits auf den hinteren Sitzen bequem gemacht. Ich setze mich neben Kopal Singh, dem Fahrer. Die Windschutzscheibe ist heruntergeklappt. Der Fahrtwind ist erfrischend.

Kopal Singh
Kopal Singh

Kopal rast mit uns kreuz und quer durch die Halbwüste. In einigen Kurven neigt sich das Fahrzeug gefährlich zu meiner Seite. Kopal sieht erfahren aus. Ich bleibe sitzen und kralle mich am Sitz fest. Wir stehen am Rand einer Düne und aus Sicht der Insassen am Abgrund. Ich solle fotografieren, fordert mich Kopal auf. OK. Danach neigen sich der Mahindra-Commander und seine Insassen um gefühlte 90° und spurten durch meterhohen Sand. Die Damen kreischen. Ich bitte um Wiederholung. Nach dem vierten oder fünften Mal haben Kopal und ich genug von der Dünen-Achterbahnfahrt.

Dünen-Achterbahn mit Jeep
Dünen-Achterbahn mit Jeep

Ein Radfahrer kreuzt die Spur. Wie kann man in diesem Sand radfahren? Sensationell. Kopal hält. Ich fotografiere, sonst glaubt mir das zuhause keiner.

Die Fahrt geht weiter, vorbei an Hütten. Die Anwesen sind mit einer Lehmmauer umgeben. Wir begegnen Schulkindern auf dem Weg nach Hause. Unterwegs deutet Kopal auf eine Grundschule.

Der Wüstenradfahrer
Der Wüstenradfahrer

Ich will eine der wenigen Hütten fotografieren. Der Jeep hält. Ich gehe auf das Anwesen zu. Ein Junge rennt mir freudestrahlend entgegen. Freut sich, dass ich ihn fotografiere. Seine Schwester folgt ihm. Ich überlege, ob ich ihm ein paar Rupien zustecken soll, da bittet er mich um „Pen, Pen“, „Stift, Stift“. Ich überlege, gehe zurück zum Auto und hole aus meiner Tasche den einzigen Bleistift. Nun schreibt ein Junge in der Thar-Wüste mit einem „Perfekten Bleistift“ von Faber. Später reiche ich Kopal meinen Reservestift, damit er ihn morgen dem Jungen gibt.

Der Junge wünschte sich einen „Pen“ (Stift)
Der Junge wünschte sich einen „Pen“ (Stift)

Wir sind auf dieser Fahrt keinen größeren Tieren begegnet, dafür Menschen, die sich über uns freuten.

Nun bringt uns Kopal zum Desert Camp. Auf dem Weg dorthin kommen wir an Feldern mit Senf, Kümmel, Baumwolle und Wunderbäumen vorbei. Aus den Samen des Wunderbaums wird Rizinus-Öl gewonnen.

Hinter einer Düne erreichen wir das Camp mit 21 weißen Zelten. Die beiden Engländerinnen und ich erhalten die drei größeren Zelte, mit Böden aus rotem Sandstein, Himmelbett, Schreibtisch, Bad mit Doppelwaschbecken, Dusche und WC. Warmes und kaltes Wasser. Auf der Terrasse zwei Sessel und ein Bett.

So macht Zelten Spaß
So macht Zelten Spaß

10 Minuten später liefert ein Fahrer Rucksack und Koffer. Im nächsten Moment bittet mich ein Angestellter zum Kamel-Ritt mit Sonnenuntergang. Ich lasse den Engländerinnen den Vortritt. Wieder kreischen sie. Das Kamel bleibt ruhig und erhebt sich in zwei Schritten. Die Damen werden in dem Doppelsattel nach vorne und hinten katapultiert. Dann folgen das Kamel und seine britische Last dem Kamelführer auf eine Düne und wieder hinunter.

Düne mit Kamel
Düne mit Kamel

Eine halbe Stunde später bemühe ich mich um den Erhalt des guten Rufs Deutschlands – auch in der Wüste. Dass ich meine Gelenke über Jahrzehnte hinweg geschunden habe, rächt sich beim Aufsteigen auf das Kamel. Ich solle mich am Sattelknauf festhalten. Dieser drückt bereits leicht in meinen Bauchansatz und mit jedem Kamelschritt immer heftiger. Ich kreische nicht. Lache und freue mich über den fortgeschrittenen Sonnenuntergang und das Licht.

Nach dem Kamelritt mache ich es mir auf der Liege auf meiner Terrasse gemütlich. In einer halben Stunde startet bereits das kulturelle Programm mit Musik und Tanz. Die Camp-Angestellten stellen zur Orientierung in der schwarzen Nacht Petroleumleuchten auf. Von weitem höre ich die Musiker und werde von ihren Rhythmen magisch angezogen. Zwei Strahler leuchten das Ensemble an. Klanghölzer, Trommeln und ein Harmonium sind ihre Instrumente. Dazu die kräftigen Stimmen der Männer. Ein kleiner Junge gehört zum Ensemble und zwei Damen in weiten schwarzen Kleidern mit bunten Applikationen. Ich fotografiere und freue mich über das lichtstarke Objektiv meiner robusten Leica Q2, die mir auf dieser Reise ein absolut zuverlässiger Begleiter ist.

Musik und Tanz im Wüstencamp
Musik und Tanz im Wüstencamp

Inzwischen sind auch die Engländerinnen zur Tanzfläche gekommen. Angestellte reichen Snacks und Getränke.

Nach einer Stunde ist der Zauber vorbei. Für uns drei Gäste ist im Restaurantzelt der Tisch gedeckt. Verschiedene Curries, etwas Hühnchen, Reis, Brot, Dessert. Köstlich. Über uns ein sternenklarer Himmel.

Der Junge wirkte im Ensemble mit
Der Junge wirkte im Ensemble mit

Zwei Angestellte geleiten uns zu unseren Zelten und bereiten sie für die Nacht vor. Vorhänge innen und außen werden heruntergelassen und die Reißverschlüsse am Eingang zugezogen. Schade eigentlich. Was in der Nacht draußen vorgeht, bleibt mir in diesem Wüstencamp verborgen. Aber im Verborgenen liegt der Reiz.