Von Udaipur nach Jodhpur über Ranakpur

Hemraj begrüßt mich auf meinem Weg vom Restaurant mit Seeblick zu meinem Zimmer im Ram Pratap Palace. Ich hole mein Gepäck und sitze kurz darauf im Auto. Unser Ziel heißt Jodhpur mit Zwischenstopp in Ranakpur.

Auf einer vierspurigen Straße verlassen wir Udaipur. Im Vorbeifahren bemerke ich einige neue Einkaufszentren. Etwas weiter außerhalb stehen am Straßenrand Zelte mit Kleidung, Teppichen, Gemüse und Obst. Zwischendrin immer wieder Kühe.

Bodenschwellen auf der hervorragend ausgebauten Straße übernehmen die Funktion von Schlaglöchern – sie bringen den Verkehr für einen kurzen Augenblick fast zum Erliegen.

Am Horizont sehe ich Ausläufer des Aravalli-Gebirges, das sich über die Bundesstaaten Gujarat, Rajasthan und Haryana erstreckt. Die karge Vegetation lässt das Wüstenklima erahnen.

Perfekte Straßen, karge Landschaft
Perfekte Straßen, karge Landschaft

Auf der Fahrt begegnen wir immer wieder kleinen Gruppen von Menschen mit strahlenden Gesichtern. Mir wird bewusst, dass diese Menschen in dieser Umgebung nur überleben, weil sie zusammenhalten.

Zwischendurch teilt mir die Agentur einen Hotelwechsel mit. Ich bin gespannt.

Ein Wegweiser zeigt nach Ranakpur, rechts ab, noch 47 km. Es geht durch Dörfer und Felder, vorbei an Palmen und Steinwällen. Gelegentlich liegen in den Feldern große Wassertümpel. Als öffentliche Verkehrsmittel stehen den Menschen Jeeps zur Verfügung. Dennoch sind Beine und Füße das meistgenutzten Fortbewegungsmittel. Fast jeder ist in Bewegung, schleppt Futter für das Vieh, treibt Rinder und Ziegen auf Weiden oder zurück nach Hause, trägt einen Sack Reis oder einen Krug Wasser oder rührt einfach nur im Topf. Alles mit einer andächtigen Ruhe. Dabei kommt es auf jedes Familienmitglied an, auch auf die Kleinsten.

Ziegenhirte
Ziegenhirte

Wir erreichen die Shri Ranakpur Tempelanlagen. Sie stammen aus dem 15. Jhd. und gehören der Glaubensgemeinschaft der Jainas, die – aus meiner Sicht – die friedlichsten Menschen auf Erden sind. Ich habe das Glück, einige wenige Jainas zu meinem Freundeskreis zu zählen. Mit Hochachtung betrete ich das weiträumige Gelände und bin von einem riesigen Bodhi-Baum gebannt. Gleich dahinter erhebt sich der Adinatha-Tempel, den Touristen nur zwischen 12:00 Uhr und 17:00 Uhr betreten dürfen.

Teilansicht des Adinatha-Tempels
Teilansicht des Adinatha-Tempels

Ein Jaina deutet auf einen kleineren Tempel. Ich gehe einmal um ihn herum, werde aber von einem freundlichen jungen Mann gebeten, den Tempel nicht zu betreten. Alle Steine sind von Steinmetzen auf fantastische Weise bearbeitet. Ich vermag diese kunstvollen Arbeiten mit Worten nicht zu beschreiben. Beim Verlassen der Tempelanlage kommen mir zwei weißgewandete Herren in Begleitung ihrer Frauen entgegen. Sie bewegen sich so andächtig, dass ich mich mit meinem Rucksack und der Kamera am unpassenden Ort wähne.

Detailansichten der Tempelmauer
Detailansichten der Tempelmauer

Ein anderer Jain deutet auf einen weiteren Tempel. Er schließt ein Tor auf und verkürzt mir damit den Weg. Dort dürfe ich fotografieren. Tatsächlich bin ich bei meiner Ankunft der einzige Besucher und Fotograf.

Über die Geschichte der Tempelanlagen von Ranakpur informiert Wikipedia kurz und knapp.

Wir fahren weiter und sind fast auf 700 Metern, als wir Hanuman-Languren, kleinen Affen begegnen. Eine Nilgau-Antilope kreuzt die Fahrbahn und verschwindet im Dschungel.

Ältere Männer tragen in dieser Gegend Turbane als Zeichen, dass sie älter als 50 Jahre sind.

Drei kleine Kinder treiben fünf Rinder nach Hause
Drei kleine Kinder treiben fünf Rinder nach Hause

Kinder treiben Kühe durch dichten Verkehr. Ein Kamel zieht einen Karren.

Hemraj verlangsamt die Fahrt und faltet die Hände zum Gebet, während wir an dem vielbesuchten Sri Om Banna Tempel vorbeifahren.

Wir erreichen Jodhpur und nehmen die Umgehungsstraße. Überall Sand. LKWs wirbeln Staubwolken auf. Die Sonne brennt weit stärker als noch in Udaipur.

Hinter uns liegen 265 km und 5:20 Stunden reine Fahrtzeit.