Zwei Welten

Heute Mittag steigt die Quecksilbersäule auf 32°C im Schatten. Ich gehe zum Strand und schwitze nicht. Im Sand ziehe ich mir die Sandalen aus und bereue es sofort. Um so schneller bin ich mit den Füßen im Wasser und schlendere ganz langsam bis ans Ende des Strands und zurück. Am Swimmingpool lege ich mich unter eine Palme. Kurze Zeit später tauche ich in das etwas kühlere Nass ein und strecke mich mit jedem Schub. Wie habe ich das vermisst.

Später verlasse ich das Hotelgelände. Auf die vielen Angebote der Inder außerhalb der Hotelmauern kann ich meistens spontan nichts erwidern. Ein Taxifahrer bietet mir eine Fahrt nach Delhi an. Er würde mich auch nach Moskau fahren. Warum ausgerechnet nach Moskau? Verzweiflung oder Zynismus? Ich komme auf sein Angebot zurück, verspreche ich ihm. Ein anderer Inder bietet mir schwarzen Kaffee an. Ich suche vergeblich eine Kaffeebude und gehe weiter.

Eine Kirche erstrahlt in frischem Weiß. Auf dem angrenzenden Grundstück mache ich unter Palmen zwei oder drei verfallene Hütten aus. Etwas weiter ernährt sich eine Kuh von Gras und Kräutern, eine andere von Pappkartons. Jemand hat die Wäsche seiner Großfamilie zum Trocknen über die Zäune am Wegrand gehängt. Die wenigen Restaurants und Bars in diesem Viertel sehen ziemlich heruntergekommen aus.

Mir wird bewusst, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben in einem Ferienressort untergebracht bin, in dem die Uhren völlig anders als außerhalb davon ticken.

Ich gehe zurück und sehe, wie 11 Männer mithilfe einer Rolle ein schweres Holzboot auf den Strand schieben. In der Hotelbar bestelle ich mir einen alkoholfreien Cocktail und setze mich auf die Veranda. Heute Abend will ich den Sonnenuntergang fotografieren.

Die Silhouetten von zwei Fischerjungen machen sich gut vor dem roten Feuerball. Die Jungs haben lediglich eine leere Wasserflasche zum Aufrollen der Leine, an deren Ende ein Haken geknotet ist. Einmal verbeißt sich ein Sandhai bzw. ein kleiner Rochen.

Ihn geben die jungen Fischer zurück ins Meer.

Während das Leben am Strand langsam zur Ruhe kommt, lassen sich mehr und mehr Tiere sehen. Auch die Kühe von vorhin stehen inzwischen auf dem Strand.